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"Eigentlich" ist der kleine Bruder von "nie"

Veröffentlicht von Fiona am 05-03-2016
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Manchmal erwische ich mich, wie ich mir selbst und zum Erreichen meiner Ziele am meisten im Weg stehe. Das Wort „eigentlich" versuche ich aus meinem Vokabular zu streichen, damit mir klarer und bewusster wird, was ich wirklich will.  „Eigentlich sollte ich heute noch trainieren“, „Eigentlich ist das nicht gut für mich“ , „Eigentlich nehme ich mir zu wenig Zeit für …“ Eigentlich, eigentlich…Wann kommt der Moment, in dem man das eigentlich hinter sich lässt und anfängt anzufangen? Man kann nicht alles an einem Tag ändern, manche Dinge sind Prozesse und brauchen Zeit, Beständigkeit, Planung. Aber man kann damit aufhören, sich selbst zu belügen und Schritte in Richtung Ziel zu wagen. Nicht „eigentlich“! Machen! „Eigentlich“ ist die Null in einer Multiplikation. „Eigentlich sollte ich die Wand streichen“ - bedeutet faktisch: sie ist nicht gestrichen!!! Streiche „eigentlich", dann ist auch die Wand gestrichen!

 
Um anzufangen, erfordert es wohl immer Energie, Hoffnung und Mut.Hoffnung, ist eine Aussicht, dass etwas besser ist, wenn man es denn ändert. Den Mut etwas zu ändern, den Mut sich nicht anzupassen, den Mut das Risiko einzugehen auch an die ersten Schritten Mühe zu haben, oder sogar mehrmals zu scheitern! Wir alle haben schon die Erfahrung des Scheiterns gemacht. Es fühlt sich demütigend an, frustrierend, ohnmächtig, enttäuschend, andere sind schadenfroh. Niemand hat gesagt, dass es leicht wird sein Potenzial zu erkennen und auszuschöpfen. Es ist leichter, nichts zu wagen…dann darf man aber auch nicht lamentieren, dass sich nichts ändert.  Ich weiß nicht, wie „leicht“ es ist, diesen Zustand Tag für Tag auszuhalten, in der Mittelmäßigkeit seiner selbst? 
Einstein´s Definition von Wahnsinn ist "immer das gleiche zu tun, und andere Ergebnisse zu erwarten“  . 
 
Wo bezieht man Ermutigung? Von Innen: aus dem Bauchgefühl, aus immer höher werdenden Leidensdruck, aus einem immer wieder aufflackernden Herzenswunsch, aus schlummernden Talenten, Sehnsucht und Passion. Von Außen: Familie, echte Freunde die ehrlich sind, Fachkundige in der entsprechenden Branche, Literatur,  inspirierende Vorbilder   —  andere, fragwürdige Motive natürlich auch : um anderen zu gefallen,  etwas Anderes zu verdrängen, weil man manipuliert wurde, unter Druck gesetzt wurde, …es ist sicher gut, wenn man in sich geht uns deine Absichten wirklich prüft. Seine eigenen Werte und Lebenssinn mit seinen Lebenszielen synchronisiert, ohne sie miteinander zu verwechseln.
 
Wichtig, in allem echten brennenden Bedürfnis des Herzens steckt eine Begeisterung die eine Energie entstehen lässt, die eine gewisse Schaffenskraft aus sich selbst erzeugt, mühelos…es kostet eher Energie diese Flamme immer wieder zu bändigen und zu drosseln. Es deprimiert, wenn diese Flamme nicht genug Luft bekommt, und es beflügelt, wenn diese Flamme so brennen darf, wie sie kann und will. 
 
Zögern, Zweifel, Ängste, Skepsis…teilweise begründet und schützend, teilweise verwehren sie einem das echte Glück einer Lebenserfüllung. 
 
Ich möchte mich nicht aus diesem Thema herauswinden und oberlehrerhaft klingen. Ich gehöre oft genug zu den Scheiternden, Zweifelnden, Verängstigten, Entmutigten, Hoffnungslosen …ich war und werde sicher oft noch an Punkten in meinem Leben stehen, an denen ich erst einmal warten muss, um Sinn, Zweck, Ziel, Realisierbarkeit, Sicherheit all das abwäge…und trotzdem gehe ich Risiken ein, dem kann man sich nicht entziehen. Nichts zu ändern ist ein Risiko, etwas zu ändern auch.
 
Das alles geht weit über die interessante Sportlerwelt hinaus, über das Berufliche, hinein in das Private und dockt ganz feste an das Seelische an. In den letzten Jahren musste ich mehrere sehr wichtige, die wichtigsten Menschen in meinem Leben loslassen, sie gehen lassen…mich wieder gehen lassen und mich wieder neu sortieren und man Dingen, Menschen und Denkmustern befreien, die mich von dem Abhalten, was mich von meinem Seelenfrieden abhält. Ganz klar musste mir schmerzlich bewusst werden, dass ich zwar von außen geprägt wurde, manchmal sogar traumarisiert…aber es liegt ganz allein an mir, wie ich diese Verhinderungen MEINES Glückes angehe. Verdrängen, Vergessen, sich belügen, sich etwas vormachen…das mag für andere funktionieren…langfristig habe ich mich damit nur selbst belastet und tue es doch tagtäglich immer wieder mit allen Möglichen Situationen, die einen Herausfordern. Training, Bildung, Körperpflege,  Seelenhygiene…das sind alles Dinge, die man nicht mit einer Einheit abhakt, sie gehören zu einem gesunden, ausgeglichenen Leben ganz unbedingt immer und immer dazu. Letztes Jahr dachte ich, dass ich einen Tapetenwechsel brauche, aber dann musste ich mir eingesehen, dass eine Kernsanierung notwendig ist um alles von innen nach außen solide und gesund zu pflegen. Meine Niere arbeitet auch unentwegt, und weh nicht! Meine Lunge atmet Sauerstoff ständig ein und gibt giftiges Kohlendioxyd ab. Gott sei Dank! Wir können uns gar nicht vor Toxinen im Leben schützen, das gehört in dieser Welt eben dazu. Aber wir können jeden Tag unserem Gewissen, Herzen, Seele——wie man es auch nennen mag — bewusst und so liebevoll es geht beständige Entgiftung angedeihen lassen. 
 
Ich möchte mich nicht über andere Menschen mit diesem Artikel lustig machen. Im Gegenteil. Ich möchte mich und gerne andere daran erinnern oder anstubsen über unser eigenes Tun, Handeln, Planen und Denken nachzudenken und ihm nachzuspüren. 
 
In meinem Beruf als Physiotherapeutin thematisieren oft Patienten, die im Sterben liegen, Dinge, die sie so gerne anders gemacht hätte. „Ich wünsche ich hätte weniger gearbeitet und mehr Zeit für meine Familie gehabt“; „Ich wünschte ich hätte viel mehr das getan, was mir wichtig ist und mich nicht ständig abgekämpft es allen anderen recht zu machen“.  Patienten, denen es noch nicht schlecht genug geht klagen über den  „inneren Schweinehund“ und geben anderen die Schuld an ihrem Leid…Hier ein paar der Aussagen, die entweder ich oder andere zum Besten gegeben haben. Eigentlich möchte ich sie nicht weiter kommentieren, sondern einfach mal wirken lassen:
 
 
Zum Thema regelmäßig Sport treiben: "Du hast es gut, Du musst ja trainieren!"
 
„Ich würde alles drum geben, wenn ich Deine Beine hätte“ - „naja, Du kannst Dir dann die Zeit nehmen 2-3 Jahre Kniebeugen zu trainieren, mit dem Rad oder Inlineskates zur Arbeit zu fahren und ca 30km die Woche zu joggen“  - „ne, das ist zu viel Sport, aber ich gäbe alles drum“
 
"Ich esse wirklich sehr gesund und achte auf Kalorien und esse keinen Zucker, keine Kohlenhydrate. Nur am Wochenende, da erlaube ich mir das schon ne Pizza und Nudeln, und Nachmittags auf der Arbeit, da muss der Cappuccino schon mit Kuchen sein, sonst halte ich das nicht durch, und Morgens brauche ich mein Nutellabrot sonst geht gar nix. Man muss auch mal eine Ausnahme machen, trotzdem weiß ich echt nicht, wieso ich kein Gewicht verliere."
 
„Ich habe schon so viele Trainingsprogramme ausprobiert , letzten Monat habe nach drei renommierte Plänen trainiert, keiner hat mir was an Leistung noch auf der Waage bewirkt."
 
"Meine Bestleistung auf der Bank ist 1x 70kg, soll ich mich dann mit 60kg einen Satz aufwärmen?"
 
"Ich möchte mich unbedingt im Bandrücken steigern, das ist mein Hauptziel. Ich trainiere drei mal die Woche im Studio. Montags mache ich Bankdrücken. Welche anderen Übungen soll ich an den anderen Tagen machen, um mich im Bankdrücken zu steigern?"
 
"Ich trainiere 1std pro Woche, esse vegan und mag keine Nüsse oder Müsli, das macht zu dick. Was kann ich tun um mein Untergewicht zu reduzieren?" 
 
(erwachsener Mann) "Wenn ich diese Übung machte, habe ich 3 Wochenlang Schmerzen! Aber, immerhin lade ich sie mit allen Gewichten, da staunen immer alle!"   - "hast Du die Übung mal mit weniger Gewicht gemacht?"   -  "ja, dann tuts nicht weh, das bringt sicher nichts, und alle halten mich dann für einen Schwächling. Ist doch peinlich." 
 
"Du hast ja keine Gewichtsprobleme , du bist ja diszipliniert und Profisportler. du kannst a alles essen du trainierst es gleich wieder ab. Ich bin nur so dick, weil ich kein Profisportler bin so wie Du. Hast Du ein Glück!"
 
(Frau, die begründet, warum sie sich vom Fitnessstudio abmeldet) "Oh ich mache lieber keinen Sport, sonst sehe ich ja aus wie Du."
 
Sehr korpulente Frau (ca 140kg) zu mir (im ärmellosen Hemd): "Du machst viel Sport, oder?"   - „Ja."   - "Du machst sicherlich sehr viel Sport, oder?" - "ja, stimmt schon."   - „nicht noch mehr Sport machen“      -   ( ich in Gedanken: "Du isst viel oder? - sehr viel? Nicht noch mehr essen…“)
 
(Nach jahrelangem, konsequenten Training habe ich mit Bestleistung einen Weltrekord von 175kg aufgestellt)…4 Wochen später: "Und? Machst du heute 200kg?“ (leider nicht von Laien gefragt)
 
"Für Deinen Nacken wäre es vielleicht besser, Du würdest nur mit einem Kissen Schlafen, anstatt drei“ -  Stolze Antwort: "ich habe doch nur zwei Kissen, ich falte beide"
 
„hast Du die Bauchmuskelübungen gemacht?“ „Nein, ich habe aber immer noch Rückenschmerzen“. "Soll ich Dir die Übungen nochmal zeigen oder sollen wir sie zusammen durchgehen?“  -  „Nein, ich hätte gerne eine Massage, mein Rücken tut weh“
 
Ich habe einfach keine Zeit für Sport, es ist gerade Championsleague, deswegen habe ich Rückenschmerzen. 
 
(84 Jährige) Mein Vater ist Schuld, dass ich nie Sport gemocht habe. Als ich zwölf war, kurz bevor er starb machte er sich mal über Sportler lustig, dass sie nichts sinnvolles in ihrer Freizeit tun würden. Jetzt habe ich wegen ihm diese Hüftprobleme. 
 
„Meinst Du nicht, dass es besser wäre, wenn Du nicht so viel Alkohol trinken würdest?" - „Wieso, viel Trinken ist gesund!“
 
(zu einem Rentnerehepaar, welches jeden Tag ab Nachmittags auf der Couch vor dem Fernsehen versackt) „Vielleicht denken sie nicht so extrem. Sie müssen ja nicht gleich Leistungssport machen, aber es wäre wirklich gut für Sie, wenn sie 3 mal die Woche 20min Spazieren gehen würden“   Sie zu ihm: „Sie hat recht. Wir mögen doch Natur, und wir mögen doch spazieren. Wir müssen uns zwingen das zu machen. Ich weiß nur nicht wann.“ - „ Sie werden bestimmt Zeit dafür finden, wenn Sie wirklich wollen. Schauen Sie, ich bin berufstätig und trotzdem gehe ich jeden Tag mit meinem Hund über eine Stunde spazieren. Ich habe mir diese Priorität gesetzt und ich diskutiere nicht mit mir ob oder ob nicht. Das können sie auch, wenn Sie das möchten“   - „ Ach, sie haben es gut, Sie haben einen Hund und MÜSSEN raus.“ - „Ich muss keine Stunde raus, ich möchte“ - „ Aber wann? Wir haben doch nie Zeit“…
 
(Selbsternannter Faulpelz, übergewichtig, schwach, Raucher, Trinker, unbeweglich) "Du bist nur 4. auf der WM geworden? Wir dachten Du bist gut."
 
Über meine Bedenken, dass seine Beine taub sind und sich mal bei einem Neurologen vorstellen sollte (als ich einen Rosendorn aus dem Fuß ziehe, den er nicht gespürt hat): "Wenn´s weh tut werd ich´s schon merken."    - „Neee eben nicht!"
 
"Dass Du sooo viele Eier (4) isst? Das ist doch ungesund! Wie ist denn Dein Cholesterinspiegel?“  - recht niedrig, ich esse ja wenig Fleisch und andere tierische Fette. Aber das Cholesterin im Ei ist ja HDL, also das gute."   - "kein Fleisch? Das ginge bei mir gaaaaar nicht, ich hab gestern drei Bratwürstchen gegessen. „
 
„Ja, ich rauche 40 Zigaretten am Tag. Aber dafür bin ich kein Alkoholiker und Drogen nehme ich auch nicht. Dann geht das schon“
 
„Der Geist ich willig, aber das Fleisch ist schwach“   —  „Bitte, bitte, lass Deinen Geist dann führen, und das Fleisch gehorche Deinem Willen. Tu Dir den Gefallen selbst."
 
„Biologische Richtlinien gelten nicht für mich, das ist alles Willenssache. Ein Blutdruck von 220/120 ist für mich perfekt. Ich versklave mich nicht an solche Maßstäbe. Wie viel Schlaf ich brauche und was, wie viel und wann ich esse, bestimme nur ich, nicht mein Körper, keine Kultur oder Arzt. Meine Blutwerte sind mir egal. Dass ich mich ausgebrannt fühle liegt nur an meinem Chef, der mich immer so lange Arbeiten lässt, wie ich will, also bis in die Nacht."
 
„Boah, hast Du Muskelmasse zugelegt…bestimmt 7 kg!“  - „nein, ich wiege immer +/- 3 kg seit Jahren das gleiche. Wenn ich innerhalb von 4 Wochen 7kg Muskeln zulegen würde, dann wäre ich nach 15 Jahren Kraftsport sicherlich über 300kg schwer.“  -  „hmmm kann sein…“  —drei Wochen später: „Boah, hast Du Muskelmasse zugelegt ….“ „Ja, schon wieder 7 kg, jetzt sind es 14 in 2 Monaten.“ 
 
 
„Mit meinen Knien und locker 70kg Übergewicht muss ich echt mal langsam und vorsichtig mit Sport anfangen, vielleicht Walking?“ - „ja das wäre super. Gehe erstmal auf flache Schotterstrecken, 2-3 mal die Woche für 5-15minuten und steigere langsam die Dauer, oder das Tempo, das kannst Du ja nach Zeitkontingent und Wetter entscheiden. Wichtig ist nicht zu viel auf einmal, lieber öfter und dafür kürzer. Such Dir ein paar passende Runden, Du wohnst ja gleich am Wald.“ ein paar Wochen später: "heute war ich zum ersten mal mit meinem Kumpel walking, vorher ging es nicht, weil er krank war. So werde ich auch nicht abnehmen! Nächste Woche versetzt er mich schon wieder, da muss es ausfallen, weil er Urlaub hat. Außerdem waren wir 1,5 Stunden auf Asphalt heute walken. Meine Knie tun ganz schön weh. Ich warte erstmal den Termin beim Orthopäden ab, da muss ich noch anrufen, vielleicht brauche ich ja wirklich Einlagen.“ 
 
 
***
 
Ich wünsche uns allen ein gutes Maß an Selbsterkenntnis, Stärken und Schwächen gut einzuschätzen, dass wir dieses Wissen nutzen und diese Attribute nutzen und aufbauen um weiter im Leben zu kommen, Tag für Tag. Ich wünsche uns allen echte Freunde, die Selbstachtung nicht mit Egoismus verwechseln und einem mal ganz ehrlich die Meinung geigen, wenn wir das brauchen. Damit wir aufhören uns selbst in den Schwanz zu beißen und anderen die Schuld für unser eigenes Unvermögen geben. Wir selbst und unsere dürfen uns daran erinnern dankbar zu sein, mit all dem was wir sind, haben und können. Und wir dürfen unseren Freunden auch Freunde sein.
 
 
 
 
 
Noch einpaar Gedanken im Nachgang, würden uns andere Menschen mit einem "eigentlich" so achtlos behandeln wie wir es uns selbst am meisten erweisen, wären wir total empört! Ich habe noch nie von meinem Zahnarzt gehört: Eigentlich sollte ich Karies unter der Krone entfernen.
Vom Pizzabäcker: Eigentlich war der Käse nicht mehr gut.
Der Kunde: Eigentlich sollte ich Sie für Ihre Dienstleistung bezahlen.
Vom Chef: Eigentlich sollten Sie eine Gehaltserhöhung bekommen.
 
 

 

Zuletzt geändert am: 19-08-2016 um 17:15:38

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